Tag 1: Marktoberdorf - Görisried (4.9.2010)
Fürbitten in der Frauenkirche:
Sei unser Gott,
der alle Welt in seiner Liebe leitet
Halte Deine Hand so wie ein Zelt
Hoch über uns gebreitet.
Sei nah in allem, was geschieht,
und tief in allen Dingen.
Sei unser Gott, der alles sieht
Und hör was wir Dir bringen.
Sei überall, wo Menschen sind
Wo immer Menschen träumen.
Sei leise wie ein sanfter Wind,
der umgeht in den Bäumen.
Sei unser Gott, der mit uns zieht,
mit seinem großen Segen.
Sei unser Leben, unser Lied,
ein Lied auf allen Wegen.
      
      Marktoberdorf, Bahnhof, 9:15 Uhr: 
Alle angemeldeten
	Teilnehmer waren pünktlich zur Stelle. Wir durften einige uns bereits
	bekannte Pilger in die Arme schließen und begrüßten neugierig die anderen.
	Im Hotel Sepp konnten wir das Gepäck für den Transport bereitstellen und
	gingen zuerst zur Frauenkapelle, wo uns Elfie und Erhard Geipel, die
	Pilgereltern des neuen Pilgerquartiers in Marktoberdorf und Pfarrer Sager
	bereits erwarteten. Nach der offiziellen Begrüßung der Teilnehmer durch
	Reinhold sandte uns Pfarrer Sager aus – er hatte extra ein kleines
	Liederheft dafür vorbereitet. Wir verteilten unsere selbstgebastelten
	Pilgerpässe, Erhard drückte allen den ersten Stempel hinein und dann ging‘s
	los - auf die Fußreise nach Bregenz.
    
    
    Erster Halt hinter dem Ettwieser Weiher an der
	Kindle-Kapelle. Hier stand einst ein uraltes Baumheiligtum – die
	Kindletanne. Seit Jahrhunderten brachte man an ihr Papierbilder, Tafeln und
	Kreuze als Votivgaben an. Der Sage nach sollen hier vermisste Kinder
	wohlbehalten wiedergefunden worden sein. Der Ort gehört zu den seltenen
	Kindle – Wallfahrten in Bayern mit einem ungewöhnlichen Brauch: Wenn Kinder
	krankgeworden sind, opfert man Kleidungsstücke des kranken Körperteiles und
	hängt sie an den Baumstamm vor der Kapelle. 1971 baute der Heimatverein die
	alte, baufällige Kapelle neu und stellte einen verästelten Baumstamm daneben
	auf, als Ersatz für die alte Tanne. Noch heute hängen daran viele
	Kleidungsstücke von Kindern und zeigen an, dass der Brauch immer noch
	lebendig ist.
Das passt gut zu der tiefen Volksfrömmigkeit, die wir überall auf dem Münchner Jakobsweg antreffen. Über Jahrhunderte hinweg entstanden, beinhaltet sie ein tiefes Vertrauen zu Gott, zur Muttergottes und zu den Heiligen, die man vor allem in der Not anruft. Für alle Lebenslagen gibt es einen Schutzpatron. Und ich erinnerte daran, dass wir ja auch unseren Patron haben, den heiligen Jakobus, von dem wir hoffen, dass er uns beschützen möge auf unserer Pilgerwanderung in dieser Woche. Schon hier stellten wir fest, dass sich die harmonische Gruppe viel zu erzählen hatte, das Tempo gut mithalten konnte und weitgehend zusammenblieb.
      
    Über Leuterschach erreichten wir um 12.45 Uhr die Pfarrkirche
	St. Nikolaus im Wald, schon wieder gab’s einen hübschen Pilgerstempel mit
	Muschel. Nach kurzer Erklärung gab‘s im Gasthof zur Post eine Stärkung. Sie
	war nötig für den folgenden langen Weg durch die Wertach-Auen, der sich
	ständig auf- und abwärts schlängelte bis zum Hängesteg über die Wertach, der
	ersten kleinen Mutprobe. Der Fluss führte viel Wasser mit sich – es hatte ja
	in den vergangenen Tagen immer wieder geregnet – so sah der Steg wenigstens
	nicht so hoch aus. Und alle hangelten sich tapfer ans andere Ufer. Petra,
	die wegen ihrer Erkältung mit dem Gepäcktransport mitgefahren war, kam uns
	entgegen und gemeinsam erreichten wir gegen 17.45 Uhr Görisried und den
	Gasthof Hirsch, das erste Nachtquartier. Hungrig, wie wir nach dem langen
	Tag waren, schmeckten Hirschbraten und Allgäuer Spätzle sehr gut. Der Abend
	gehörte der gegenseitigen Vorstellung und dem Kennenlernen. Die meisten
	waren schon auf deutschen Jakobswegen gepilgert und wünschten sich vor
	allem, etwas zur Ruhe zu kommen in dieser Woche und „Entschleunigung“ vom
	stressigen Alltag. Gegen 21.30 Uhr lichteten sich die Reihen, der lange Tag
	zeigte seine Wirkung.
    
